Archiv für September 2020

#Corona-Virus, #Covid19 und die Verschwörungstheorien

Mittwoch, 2. September 2020

Aktualisiert am 31.8.2020 und 3x am 2.9.2020 und 2x am 3.9.2020.

> Dieser Artikel in Twitter-Kurzfassung.

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Wir aktualisieren diesen Artikel vom 13. Mai 2020 und stellen ihn erneut nach oben:

Die weltweite Corona-Pandemie hatte einen bisher beispiellosen Lockdown mit einem Herunterfahren des öffentlichen Lebens ausgelöst. Viele Arbeitnehmer zogen in ihr Homeoffice, die Straßen wurden immer leerer, > Pâques 2020 à Paris. Schulen mussten im Handumdrehen den Unterricht auf Homeschooling umorganisieren, Schüler/innen mussten von einem Tag auf den anderen ihren Schulalltag auf sich gestellt neu gestalten.

Die Demonstration, die in Berlin am letzten Samstag gegen die Corona-Schutzmaßnahmen stattgefunden hat, wurde zunächst nicht genehmigt, dann durfte sie auf Gerichtsbeschluss stattfinden und die Polizei entschloss sich dann, die Versammlung aufzulösen, weil die Auflagen nicht eingehalten wurden. 32.500 Teilnehmer sollen laut Schätzung des SPIEGELs an der Siegessäule dabei gewesen sein: Holger Dambeck, > Faktencheck zur Teilnehmerzahl – DER SPIEGEL 30.08.2020.

Décryptages. La situation en France et à l’étranger, synthétisée par « Le Monde » en cartes et en graphiques et actualisée chaque jour :
> Coronavirus : visualisez l’évolution de l’épidémie en France et dans le monde par Jérémie Baruch , Pierre Breteau , Gary Dagorn , Maxime Ferrer , Agathe Dahyot et Léa Sanchez

> Décodex – Les Décodeurs – LE MONDE > L’annuaire des sources du Décodex : mode d’emploi

Die Schemata sind oft dieselben und gehören unter die Überschrift > Populismus. Es werden angebliche Fakten dargestellt, unvollständig oder verdreht und an ihnen wird dann das Handeln der Regierung gemessen und kritisiert. Wird das Virus heruntergeredet, werden die Schutzmaßnahmen als überzogen und nötig angelehnt, wird folglich das Handeln der Regierungen als überzogen dargestellt. Schon wird den Zuhörern eingeredet, die Bundesregierung verletze das Grundgesetz… Und dann stellt man fest, die Demokratie sei beschädigt – was natürlich einfach nicht stimmt – , die Grundrechte seien verletzt. Jetzt müsse die Demokratie wieder gerettet werden und die Grundrechte geschützt werden. Die Freiheit sei beschädigt, man wolle die Freiheit wieder zurück. Die Demonstranten haben gezeigt, dass sie frei sind bis zu dem Punkt, wo sie die verabredeten Auflagen missachten. Wenn einige sich nicht um die Geschwindigkeitsbegrenzungen scheren würden, wäre das auch kein Ausdruck von Freiheit, sondern eher von Dummheit. Fragt man, wo wir sein würden, wenn seit dem Beginn der Pandemie alle auf Abstand, Masken und Hygienemaßnahmen pfeifen würden um der Freiheit willen? Vieles spricht dafür, dass die Zahl der Toten rapide gestiegen wäre. Hätte die Regierungen von Bund und Ländern nichts unternommen, so wie die Demonstranten das gerne sehen würden, fänden heute möglicherweise ganz andere Demos statt. Man kann viel über den Mund- und Nasenschutz diskutieren, aber eine Einschränkung der Freiheit ist in diesem Zusammenhang nicht zu erkennen.

Das Einschreiten der Polizei erfolgte zum Schutz der Teilnehmer/innen. Aber vielleicht denken ja einige Demonstranten, dass nicht alle so handeln wie sie ohne Schutzmaßnahmen… es werde schon gut gehen. Geht nicht, erklärt Jean-Paul Sartre (lesen wir nach L’existentialisme est un humanisme, Paris: Nagel 1970, S. 152 f:), man müsse sich immer fragen, was geschähe, wenn alle so handeln würden, dann sagen manche, alle handeln nicht so. Das beruhigt und Sartre nennt diese Haltung eine „mauvaise foi“, eine Selbsttäuschung oder Unaufrichtigkeit, wer so handle, sei mit seinem Gewissen nicht im Reinen, zumal sein Abstreiten besseren Wissens einen universalen Wert beanspruche. Fragt der Mensch sich nicht, ob alle auch so handeln könnten wie er, gibt es einen Grund laut Sartre für diese Haltung: das ist die Angst.

> Falschinformationen: „Das Virus ist ein unbefriedigender Gegner“ – Interview: Carla Baum
Die Psychologin Lydia Benecke erklärt, wie man Falschinformierte kontert und warum sie nicht „Verschwörungstheorie“ sagt. DIE ZIET 19. Mai 2020


„Die amerikanische Literaturkritikerin Michiko Kakutani hat in ihrem Buch – in der Übersetzung von Sebastian Vogel – > Der Tod der Wahrheit sich Gedanken zur Kultur der Lüge gemacht. Der Originaltitel ihres Buches lautet The Death of Truth. Notes on Falsehood in the Age of Trump. Sie hat dabei die Auswirkungen der sogenannten sozialen Medien im Blick, aber sie konzentriert sich auf die Bedingungen, die dazugeführt haben, dass die Wahrheit in diesem neuen postfaktischen Zeitalter an Bedeutung verloren hat. …“ > Lesebericht: Michiko Kakutani, Der Tod der Wahrheit

Michiko Kakutani
> Der Tod der Wahrheit
Gedanken zur Kultur der Lüge
us dem Amerikanischen von Sebastian Vogel
(Orig.: The Death of Truth. Notes on Falsehood in the Age of Trump)
1. Aufl. 2019, ca. 200 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag, Lesebändchen
ISBN: 978-3-608-96403-5


Die Folge der populistischen Kritik an den Corona-Maßnahmen ist der Zulauf weiterer Verschwörungstheoretiker und rechtsextremer Gruppierungen, von denen die Veranstalter der Demo sich allerhöchstens mit Worten sehr behutsam und wenig überzeugend distanzieren. Die große Zahl von Reichsflaggen zeigten, dass ihnen das auch mit Worten nicht gelungen ist. Warum so viele Demonstrationsteilnehmer, die mit rechtsextremen Gedankengut eigentlich nichts im Sinn haben, neben den Neonazis mitliefen, wird noch eine Frage der politischen Bewertung sein: „Viele der erregten Reaktionen in Politik und Medien erwecken den Eindruck, Deutschland sei Samstag nur knapp einem Staatsstreich entronnen, kommentiert Stephan Detjen. Das sei weit vom tatsächlichen Geschehen entfernt,“ > Stephan Detjen im Deutschlandfunk am 1.9.2020. Auf Facebook findet man in den Kommentaren Stimmen, dass einige Neonazis bei so vielen Demonstranten, nicht ins Gewicht fallen würden: Aber da wird die Anzahl der Demonstranten gerne überhöht dargestellt und da ist wieder die „mauvaise foi“, man habe doch gar nicht so viele Neonazis gesehen. Die Anzahl und Lautstärke der Rechtsradikalen spricht aber eine andere Sprache und sie haben. In Frankreich, in dem sich in den letzten Monaten 2019 die >Gelbwesten äußerst demonstrationsfreudig gegen die Regierungspolitik gezeigt haben, gibt es jetzt keine Demonstrationen, die sich gegen die Corona-Schutzmaßnahmen richten. Dazu : > „Querdenken“-Initiator Ballweg„Die ein oder andere Reichsfahne war zu sehen“ Deutschlandfunk, 2.9.2020

> Mit gezielten Falschmeldungen aufgehetzt – www.tagesschau.de – 31.8.2020

> Coronavirus : notre guide pour distinguer les fausses rumeurs des vrais conseils Par W. Audureau et autres – LE MONDE,  le 13 mars 2020

> Studie zur Corona-Pandemie. Tödlich gefährliche Fake News – Tagesschau 11.08.2020

Felix Bohr, Journalist und Historiker, Redakteur beim SPIEGEL hat das zur Demo und dem Verantwortungsgefühl der Teilnehmer/innen richtige Zitat vorgelegt: Der Satz stammt aus Sartres berühmter Rede von 1946: Vgl. Sartre, L’existentalisme est un humanisme, Paris: Nagel 1970, S. 24.

> Coronavirus : de la chauve-souris au déconfinement, la chronologie de la pandémie – LE MONDE – 12 mai 2020 par William Audureau et Maxime Vaudano

> « Infox », « intox », « canular » ou « mensonge », pourquoi il ne faudrait pas parler de « fake news » Les recommandations de la Commission d’enrichissement de la langue française – LE MONDE 4.10.2018 par Samuel Laurent

Angesichts der Bedrohung durch das Virus, dessen Gefährlichkeit eigentlich nicht ausdrücklich erläutert werden muss, die Zahl der Toten weltweit und die Berichte über den Verlauf der Pandemie in einzelnen Regionen oder Dörfern wie > Cartoceto (Report München) an der Adriaküste, lassen keinen vernünftigen Zweifel zu, dass ohne jedes staatliches Eingreifen unsere Gesundheitssysteme mit an größter Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit kollabiert wären und wir ein Desaster nicht gekannten Ausmaßes erlebt hätten.


Jean-Noël Jeanneney, Virus ennemi. Discours de crise, histoire de guerres> Jean-Noël Jeanneney, Virus ennemi. Discours de crise, histoire de guerres. Collection Tracts, Série Grand format, Gallimard 2020 – 22 Juni 2020: In unserer Rezensione heißt es: „Nur der Staat alleine kann die Interessen der Einzelnen und der Gruppen ausgleichen: das zeigt sich im confinement, wo alle Einzelnen für die Gemeinschaft einstehen müssen. Zugleich verleiht das Internet den Individuen ganze neue Rollen mittels der Kommunikation und zugleich zeige sich ein ganz neue Verantwortung der Politiker. Jean-Noël Jeanneney besteht darauf, dass der Staat diese Verantwortung behält, auf dass er der “maître des horloges” bleibe, auch wenn es Beleidigungen und Beschimpfungen gebe, so werde doch mitten im Trauma, das wir erleben, auch ein wenig Licht von ihm kommen.“


> Coronavirus COVID-19 : Informations, recommandations & mesures sanitaires – Website des französischen Innenministeriums

Es gibt natürlich berechtigte Diskussionen, wieso Deutschland wohl etwas glimpflicher als Frankreich durch die Krise gekommen ist. Die Konferenz in Mulhouse wird als Cluster angeführt, die zu einer landesweiten Verbreitung des Virus gerade auch bei Risikogruppen geführt habe. Sehr schnell werden die Regierungen, die natürlich in der Pflicht stehen, für die Bevölkerung zu sorgen, wegen mehr oder weniger großer vermeintlicher Versäumnisse kritisiert. Aber bedenke man auch, dass die Touristenströme auch gerade aus Asien in Lyon oder Paris möglicherweise die Verbreitung des Virus befördert haben. In Frankreich gibt es mehr Touristen als in Deutschland. Rund 83 Millionen ausländische Touristenn besuchen jährlich Frankreich der Mittelwert für Deutschland rund > 37 Millionen Touristen kommen jährlich kommen nach Deutschland. Diese Zahlen liefern für die gestellte Frage keine Erklärung, sie sind aber ein Anhaltspunkt, hinzu kommt die weltweite Verflechtung der Wirtschaftsbeziehungen mit ihren Geschäftsreisen.

In den letzten Wochen mehren sich Demonstrationen, auf denen die Regierungsmaßnahmen in Zweifel gezogen werden. Vereinzelt tauchen auch Stimmen auf, die überhaupt die Gefährlichkeit des Virus in Frage stellen. In Frankreich gibt es mit > Conspiracy Watch eine Vereinigung > l’Observatoire du complotisme, die Meldungen, wenn sie dazu Anlass geben, auf ihren Wahrheitsgehalt hin untersucht, Fake News entlarvt und dokumentiert.

> Une carte mondiale des commentaires, déclarations et propos à caractère complotiste autour de la pandémie de Covid-19.

William Audureau > Coronavirus : comment la rhétorique complotiste détourne la science en période d’épidémie – LE MONDE 8 avril 2020

> Les complotistes s’enflamment autour du coronavirus – Le Temps (CH) 11 mai 2020

> Les décodeurs – LE MONDE

> Verschwörungstheorien. Warum sind sie so erfolgreich und was kann man tun? – Landeszentrale für Politische Bildung Baden-Württemberg

> Institut français de Stuttgart: Gespräch „Holocaustleugnung und Rechtsextremismus, vor und nach dem Internet“ – 6. November 2019

37. Französische Filmtage Tübingen | Stuttgart – 28. Oktober bis zum 4. November 2020

Mittwoch, 2. September 2020

Die 37. Französischen Filmtage Tübingen | Stuttgart 2020 präsentieren die neuesten Filme aus der gesamten Frankophonie vom eigenwilligen Autorenfilm noch unentdeckter Filmschaffender bis zum opulenten Kinoereignis mit Starbesetzung für die große Leinwand.

> Die 37. Französischen Filmtage Tübingen | Stuttgart 2020

Zum ersten Mal ist eine Online-Version der Filmtage geplant. Wer frankophone Filme liebt hat in der ersten Novemberwoche die Möglichkeit von wo auch immer in Deutschland bestes frankophones Kino zu genießen. Auch ohne Französischkenntnisse: alle Filme sind untertitelt!

Der Internationale und der Französische Wettbewerb geben einen spannenden Überblick über die aktuellsten frankophonen Filmproduktionen.

Ein wichtiger thematischer Schwerpunkt ist in diesem Jahr das frankophone Afrika. In zehn Filmen, die zum größten Teil von afrikanischen Filmschaffenden in Afrika produziert wurden, wird der Kontinent in den Blick genommen.

Michel Piccoli und vor allem Agnès Varda, die 2008 in Tübingen zu Gast war, begleiten die Französischen Filmtage seit den allerersten Anfängen. Deshalb wird noch einmal besonders an diese beiden Ikonen des französischen Films erinnert.

Heldinnen! Krankenschwestern im Zweiten Weltkrieg, Frauen, die sich im 19. Jahrhundert in Männerkleidern die Welt erobert haben, südamerikanische Reporterinnen – ein Themenschwerpunkt zeigt außergewöhnliche Filme über außergewöhnliche Frauen.

Auch das Kriegsende vor 75 Jahren wird ein Thema des diesjährigen Festivals sein.

Musik und Diskussionen: Der virtuelle Raum eröffnet ganz neue Möglichkeiten der Auseinandersetzung mit vielen Gesprächspartner*innen auf der ganzen Welt.

Keine Filmtage ohne Cinéconcert! In diesem Jahr steht ein besonderes Projekt auf dem Programm: Schüler*innen der Musikschule Jamclub in Tübingen haben eine Musik zu dem Stummfilmklassiker „Nosferatu“ von F.W. Murnau komponiert, die in Tübingen, Stuttgart und Reutlingen aufgeführt wird.

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