Rezension. Isabelle Bourgeois, Frankreich entschlüsseln

10. Dezember 2023 von H. Wittmann



Vor 175 Jahren: 10 décembre 1848 : L’élection du premier Président de la République

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Der Untertitel dieses Bandes von Isabel Bourgeois gibt den Takt dieses Buches vor: „Missverständnisse und Widersprüche im medialen Diskurs“.

Alles ist anders ins Frankreich, so scheint es, wenn man von Deutschland aus zu unserem westlichen Partnerland schaut: „Teil I. Ein anderes Medienverständnis, eine andere Medienkultur“. Die Gründe dafür: Die Meinungskonzentration im Pariser ‚Biotop‘, 2. Medienpolitik ist Wirtschaftspolitik und 3. eine ganz andere Informationskultur“, stimmt alles. Und selbst im 5. Lernjahr Französisch ist in unserer Schule der Französischlehrer sehr erstaunt, dass seine Schüler/innen noch nie eine französische Radiosendung gehört haben (> Apprendre avec la radio, 8.2.2023 und Radio hören – Musik hören, 11.5.2023 – Schade, könnte man sagen, man hat ihnen bisher die Welt der französischen Medien gar nicht geöffnet… aber das liegt auch an unserer Medienlandschaft, deren Sender, diese europäische Vielfalt (außer ARTE > Nachgefragt: Emmanuel Suard (ARTE) antwortet auf unsere Fragen, 17.11.2020) nur selten im Blick haben. Und solange französische TV bei uns so rigoros geogeblockt wird, wird sich das auch kaum ändern. Oder > 2019: > Das neue Tagesjournal.

„Fremde Freunde“ nennt Bourgeois eines ihrer Kapitel, in dem deutlich wird, wie wenig beide Länder voneinander wissen. Sie nennt viele Fakten, die im Grunde genommen auch das Erlernen der Nachbarsprache nicht gerade fördern. Und „öffentlich-rechtlich“ passt nicht auf den öffentlichen Rundfunk in Frankreich, wo Radio Frankreich eher ein Service public ist. Über die Versuche und Schwierigkeiten, das Radio zu dezentralisieren hat uns kürzlich der frühere Präsident von Radio France in einem Interview vieles berichtet: > Compte-rendu: Jean-Noël Jeanneney, Le Rocher de Süsten. Mémoires, t. II, 1982-1991, 15. September 2022.

Fernsehen wird in Frankreich ganz anders gemacht als bei uns… wie schon beklagt, bei uns schwierig zu empfangen. Das Vergleichen der Nachrichten Antenne 2 und Heute würde den Schülern schon aufschlussreiche Erkenntnisse bringen: Die Themen werden anders ausgewählt, die Schwerpunkte werden anders gesetzt, man kann oft den Eindruck, es handelt sich um ganz verschiedene Tage… In Frankreich Infotainment, hier die nüchternen 15 Minuten der Tagesschau. Infotainment in Frankreich, folglich auch ein ganz anderer Blick auf die Politik, mit allen Folgen… Arte als deutsch-französischer Kulturkanal ist ein großer Erfolg, nur er ist mehr europäisch geworden als deutsch-französisch…

Die Zeitungslandschaft in Frankreich ist eine ganz andere als bei uns… wieder die Klage des > Französischlehrers, unsere Schüler haben noch nie eine französische Tageszeitung in der Hand gehalten: Wann, um wieviel Uhr, erscheint Le Monde? Mit welchem Datum… das wissen unsere Romanistik-Studenten meist auch nicht. In Frankreich sind die Zeitungen ganz ausdrücklich von Meinungen geprägt und die Bandbreite ist auch größer… ist Frankreich politischer als Deutschland: Die nächsten Wahlen in Frankreich.

„Grundfreiheiten sind anders als Grundrechte“: In klarer und präziser Sprache erläutert Bourgeois auch für Nichtjuristen Unterschiede und erläutert auch die Stellung des Défenseur des droits als Schlichtungsinstanz. Citoyen und liberté, das sind zwei Abschnitte, von denen auch Schüler/innen profitieren könnten, wenn sie zu diesen beiden Beigriffen aufgrund der Erklärungen von Bourgeois nach Erklärungen und Belegen dazu suchen müssten. Zu diesem Thermenbereich gehört auch die Vorstellung der Commission consultative des droits de l’homme CNCDH, die unsere Redaktion schon mehrmals in Paris besucht hat, und die damalige Präsidentin des CNCDH Christine Lazerges hatte uns vorgeschlagen den Menschenrechtsrat in Berlin zu besuchen: > Der Vergleich (XIII) : Die Menschenrechte in Frankreich und Deutschland.

Natürlich wird der Zentralismus mit seiner Konzentration auf Paris ausführlich erwähnt, was zeigt, dass Frankreich selbst den Franzosen nicht gut bekannt ist. Müssen Sie immer nur über Paris auf ihrem Blog schireben, fragt mich mein Doktorvater: > Professor Dr. Dirk Hoeges (1943-2020). Die Abschnitte über „Sprache und Macht“ sind besonders gelungen und sehr lesenswert: S.171-188. Und von Seite 188 ff. geht es ans Eingemachte, hier werden die Besonderheiten des französischen politischen Systems in vielen Einzelheiten erläutert.

Dieser Band ist ein Gewinn für alle, die sich für Frankreich interessieren, kein deutsch-französischer Vergleich im eigentlichen Sinne, sondern wie der Titel besagt, hier wird Frankreich entschlüsselt. Bourgeois öffnet uns viele Tore, Frankreich besser zu verstehen, es wird weniger fremd, es fasziniert dieses Land mit seiner Geschichte und einem politischen System, das sich in allen Punkten von unsren so sehr unterscheidet,

Isabelle Bourgeois, geb.1955, ist Mitgründerin und Moderatorin der Dialogplattform www.tandem-europe.eu. Sie hat an der École Normale Supérieure in Fontenay-aux-Roses und an der Sorbonne studiert. Von 1980 bis 1988 war sie Lektorin an der Universität Hannover (Romanistik) und Kulturattaché an der französischen Botschaft in Bonn (zuständig für Rundfunk). Von 1988 bis 2017 arbeitete sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Centre d’Information et de Recherche sur l‘Allemagne Contemporaine – CIRAC (vergleichende Studien: Medien und Kommunikation, Wirtschafts- und Sozialpolitik, Gesellschaft, kulturelle Unterschiede). Von 2001 bis 2015 war sie Chefredakteurin der wissenschaftlichen Fachzeitschrift Regards sur l’économie allemande.

(CIRAC), von 1989 bis 2001 Dozentin am Institut d’études politiques (Paris), von 2002 bis 2017 Dozentin an der Université de Cergy-Pontoise und von 1990 bis 2005 freie Autorin für epd-medien, diverse deutsche Tageszeitungen und den Deutschlandfunk. 1996 gewann sie den Deutsch-Französischen Journalistenpreis TV für Heinrich Böll (France 3). Sie ist Mitglied im Beirat von Eurotopics.

Isabelle Bourgois
Frankreich entschlüsseln
Missverständnisse und Widersprüche im medialen Diskurs
Köln, Herbert von Halem Verlag 2023,12 x 19cm, 288 Seiten
ISBN (Print): 978-3-86962-643-7
ISBN (PDF): 978-3-86962-644-4
ISBN (EPUB): 978-3-86962-648-2

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