FAZ, 31. August 2011: Das Interview mit Alain Juppé
31. August 2011 von H. Wittmann
Wer sich für die deutsch-französischen Beziehungen (230 Beiträge auf diesem Blog) interessiert, und wer sich ein Bild machen möchte, wie die französische Regierung diese Beziehungen einschätzt, wird in dem Interview, dass der französiche Außenminister Alain Juppé der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (31. August 2011) gegeben hat, wichtige Einschätzungen und Hinweise auf die anstehenden Aufgaben finden: > „Libyen braucht keine militärische Hilfe“, ist sein Interview überschrieben.
Mit Bezug auf Libyen hat Juppé zur Kenntnis genommen, dass die Bundeskanzlerin schon im März bei der Konferenz in Paris gesagt habe, so der Minister, „Deutschland nehme zwar nicht teil, sei aber auch nicht neutral.“ Juppé betont aber, dass man in der EU über das Ziel der Operation; Gadaffi von der Macht zu vertreiben, einig gewesen sei. Hinschtlich des deutschen Beitrags fügt er jetzt hinzu: „Heute stehen wir wieder Seite an Seite, um beim Wiederaufbau Libyens zu helfen.“
Die „Harmonisierung der Haushaltspolitik in Europa“ würde Juppé für einen „bemerkenswerten Fortschritt“ halten: Und dann kommt einer der wichtigsten Sätze in diesem Interview: „Wir brauchen in der Eurozone eine Form von europäischen Föderalismus.“ (Zur Erinnerung auf diesem Blog: > Merkel und Sarkozy wollen eine “neue europäische Wirtschaftsregierung gründen“.)
Auf die Meinungsverschiedenheiten zwischen Deutschland und Frankreich angesprochen, meint Juppé, sie seien seit Adenauer und de Gaulle normal: „Dennoch sind wir alle der Meinung, dass enge Beziehungen zwischen den beiden Ländern von fundamentaler Bedeutung sind,“ fügt der Außenminister hinzu.
Der Ausstieg aus der Atomenergie (dazu auf diesem Blog: > L’interview (I): Hervé Kempf, LE MONDE, répond à nos questions sur l’énergie nucléaire) hat Frankreich überrascht: „Das ging ein bisschen schnell,“ und Juppé gibt zu, hier gab es Meinungsverschiedenheiten, betont aber, das muss jedes Land für sich entscheiden.“