Am Montag, 23. Januar 2012, fand in der > neuen Stadtbibliothek am Mailänder Platz in Stuttgart der Elysée-Festvortrag von Prof. Dr. Günther Nonnenmacher Deutsch-französische Beziehungen in Zeiten der Krise statt.
Die Leiterin des Kulturamtes der Stadt Stuttgart, Frau Susanne Laugwitz-Aulbach, und Dr. Peter Theiner (Bosch-Stiftung),
Michel Charbonnnier, Französischer Generalkonsul in Stuttgart Director des Institut français Stuttgart, und Professor Dr. Wolfram Pyta begrüßten den Gast des Abends:
Aus der Ankündigung des Internationales Zentrums für Kultur- und Technikforschung IZKT: „Krisen hat es in den deutsch-französischen Beziehungen immer gegeben – sei es aus sachlichen Gründen, sei es, weil sich die handelnden Personen nicht gut verstanden. Das ist dieses Mal anders: die Finanz- oder Euro- oder Schuldenkrise stellt grundsätzliche Fragen der europäischen Integration (Stichwort Wirtschaftsregierung) und lässt nicht viel Raum für Formelkompromisse – etwa über die Rolle des künftigen ESM oder die künftige Fiskalpolitik –, auf die man sich früher geeinigt hat. Ob es zu einem qualitativen Integrationssprung oder ob es zu einer Rückbildung der Integration kommt, hängt dieses Mal davon ab, ob sich Berlin und Paris über substantielle Fragen einig werden.
Günther Nonnenmacher ist Journalist und Mitherausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ). Er studierte in Freiburg im Breisgau, Frankfurt am Main und an der Universität Heidelberg Politikwissenschaft, Geschichte, Staatsrecht und Philosophie. Seit 2009 ist er Honorarprofessor für Politik- und Kommunikationswissenschaft an der Fakultät für Sozialwissenschaften und Philosophie der Universität Leipzig.
Der Elysée-Festvortrag erinnert jährlich an die Unterzeichnung des deutsch-französischen Freundschaftsvertrags am 22. Januar 1963.“
Prof. Dr. Günther Nonnenmacher vermittelte eine spannende Analyse des gegenwärtigen Stands der deutsch-französischen Beziehungen. Er zweifelt daran, ob die gegenwärtige Krise nur als Schuldenkrise bezeichnet, denn sie sei vor allem eine Krise der Währungsunion. Ihre Auflösung sei kein gangbarer Weg, bedenkt man, wie stark der Euro trotz der Krise geblieben sei. Die Folgen einer eventuellen Auflösung der Währungsunion seien unabsehbar mit einer raketenhaften Aufwertung der DM verbunden mit allen Schäden für die Exportwirtschaft. Zugleich würde die Drachme dramatisch abgewertet werden. In Bezug auf Griechenland fielen einige deutliche Worte hinsichtlich des Fehlens einer soliden Finanzverwaltung oder dem Fehlen eines Katasters. Ein Austritt aus der Währungsunion ist in den Verträgen nicht vorgesehen, für Griechenland bliebe nur der Austritt aus der EU.
Wenn die Auflösung der Währungsunion keine Perspektive ist, bleibe nur der Weg einer stärkeren Vereinheitlichung über den Fiskalpakt zu einer Fiskalunion, ein „Roßkur“, wobei auch die Unterschiede des Renteneintrittsalters in den Mitgliedstaaten anzupassen seien. Nach dem Versuch François Mitterrands 1981 das Gemeinsame Programm zu verwirklichen, das 1983 in einer schmerzlichen Prozedur „la rigueur“ zurückgestutzt wurde, mag kaum noch ein Politiker in Frankreich dieses Wort benutzen. Nonnenmacher konstatiert zwischen Deutschland und Frankreich eine Annäherung der Standpunkte in der Krise. Die Hilfen für Griechenland habe die Spekulation der Märkte erst recht angeheizt. Hier seien Fehler gemacht worden. Allerdings gebe es auch Warnungen wie die des Luxemburger Premierministers Jean-Claude Juncker vor einem deutsch-französischen Direktorium. Auf die Frage, wer in der Krise. beherzter geführt habe, antwortet Nonnenmacher, beide Staaten seien in der Krise Getriebene. Allerdings habe sich in der Krise auch wieder bestätigt, dass sie in Europa nicht zu ohne die deutsch-französische Zusammenarbeit nicht zu lösen sei.
> Übersicht der Elysée-Vortragsreihe
Einlass auf Einladung.
Die Veranstaltung wird von der DVA-Stiftung gefördert.