Im Rahmen der Französischen Wochen fand am Montag im Rathaus Fellbach unter der Rubrik Deutsch-Französische Wissenschaftsgespräche 2015 eine Veranstaltung mit dem Thema „Eine Gegenüberstellung der politischen Folgen des Ersten Weltkriegs in Frankreich und Deutschland.“ Prof. Offenstadt (Paris) und Prof. Pyta (Historisches Seminar der Universität Stuttgart) hielten jeweils einen Einführungsvortrag und diskutierten dann mit den Besuchern über dieses Thema:
Bitte öffnen Sie das Fotoalbum mit einem Doppelklick auf ein Foto erst dann, wenn diese Seite vollständig geladen ist, also der kleine blaue Kreis oben in der Titelleiste verschwunden ist:
Prof. Pyta erläuterte die dramatischen Folgen des 1. Weltkrieges für die deutsche Gesellschaft. Vor dem Weltkrieg war Deutschland eine fragmentierte Gesellschaft, die Begegnung in den Schützengräben veränderte die Gesellschaft und trug dazu, Begriffe wie „Volksgemeinschaft“ zu bilden, die es vor 1914 nicht gegeben hat. Und nach 1918 erscheint vielen Gewalt als Mittel der politischen Auseinandersetzung ein legitimes Mittel. Nach der Ausrufung der Republik am 9.11. und dem Waffenstillstand am 11.11.1918 entstand die Hoffnung auf einen Ausgleich mit den Kriegsgegnern. Der Versailler Vertrag, der im Mai 1919 vorlag und im Juni unterzeichnet wurde, wirkte wie ein Schock. Die Folgen zogen sich bis zum Young-Plan und darüber hinaus, und gab Hitler die Chance seine verbrecherische Politik zunächst unter dem Deckmantel der Revision einzuleiten. Für die Neufundierung der deutsch-französischen Kooperation nach 1945 hat der 1. Weltkrieg eine besondere Bedeutung. Auch heute stellt sich die Frage nach der Bedeutung des 1. Weltkriegs in einer Zuwanderungsgesellschaft, man werde die Bedeutung und die Folgen dieses Krieges stärker zur Kenntnis nehmen müssen.
Prof. Offenstadt erinnerte daran, wie lebendig die Erinnerung an den 1. Weltkrieg in Frankreich sei. 1. Die Sammlung privater Erinnerungen im Rahmen des Centenaire beweise wie sehr heute auch im privaten Bereich die Erinnerung an die Großelterngeneration im Zusammenhang mit dem 1. Weltkrieg gepflegt werde. 2. Der 11.11. ist ein Feiertag in Frankreich, die Erinnerungskultur auch im öffentlichen Bereich (Monuments des morts) sei stärker ausgeprägt als in Deutschland. 3. Auf lokaler Ebene werden die Kriegsschauplätze und Museen gepflegt und spielen im Tourismus der betroffenen Regionen eine besondere Rolle, wobei sich heute auch die Frage nach den Kosten stelle. Offenstadt berichtete von den Diskussionen in Frankreich, wie heute mit den Todesurteilen von etwa 600 Deserteuren umgegangen werden sollte. In der nationalen Erinnerung hat der Weltkrieg in Frankreich einen ganz anderen Stellenwert in Deutschland, schon allein deshalb weil der Krieg sich auf französischem Territorium ereignete und verheerende Zerstörungen zurückgelassen hat.
Veranstalter: Höchstleistungsrechenzentrum der Universität Stuttgart
Auf unserem Blog:
> Centenaire: 1914-1918 – Bibliographie und Sitographie
> 1914-1918 – 32 Artikel
> Nachgefragt: Jean-Noël Jeanneney, La Grande Guerre, si loin, si proche
> Le Centenaire 1914-2014 – Ein nützliches Handbuch – Rezension auf www.romanistik.info
> Der Erste Weltkrieg und die Erinnerungskultur Ein Interview mit Nicolas Offenstadt: „Der Historiker muss sich das Staunen bewahren können…“ mit einer französischen Version: Klick auf die Trikolore
Wir zeigen hier nochmal das Interview, das wir am 1. Dezember 2014 aufgezeichnet haben:
Bücher von Klett-Cotta zum Ersten Weltkrieg:
Adam Hochschild, > Der Große Krieg. Der Untergang des Alten Europa im Ersten Weltkrieg.
Aus dem Amerikanischen von Hainer Kober (Orig.: To End All Wars. A Story Of Loyalty And Rebellion, 1914-1918)
2. Aufl. 2013, 525 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag, mit zahlreichen Fotos und Illustrationen im Tafelteil, Landkarten und Lesebändchen
ISBN: 978-3-608-94695-6.
Wolfgang Mommsen, Gebhardt: Handbuch der deutschen Geschichte. Band 17
> Die Urkatastrophe Deutschlands. Der erste Weltkrieg
10. Auflage 2004, 188 Seiten
Leinen mit eingel. Titelschild, Fadenheftung, Lesebändchen, ausf. Anhang, Names- und Ortsregister
ISBN: 978-3-608-60017-9
Harry Graf Kessler, > Das Tagebuch (1880–1937), Band 5. 1914–1916
Hg. von Günter Riederer und Ulrich Ott unter Mitarbeit von Christoph Hilse und Janna Brechmacher, Veröffentlichungen der Deutschen Schillergesellschaft, Band 50.5 -1. Aufl. 2008, 823 Seiten, Leinen mit eingelassenem Titelschild, fadengeheftet, Lesebändchen, im Grauschuber, zahlreiche s/w-Abbildungen, ausklappbare vierfarbige Faltkarte
ISBN: 978-3-7681-9815-8
Pierre Lemaitre, > Wir sehen uns dort oben
Roman, aus dem Französischen von Antje Peter (Orig.: Au revoir là -haut)
1. Aufl. 2014, ca. 528 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag
ISBN: 978-3-608-98016-5
> Lesebericht: Pierre Lemaitre, Wir sehen uns dort oben
> Vorgefragt: Pierre Lemaître, Wir sehen uns dort oben
„Beinahe wäre Albert wegen der Machtgier von Leutnant Pradelle ums Leben gekommen. Doch in letzter Sekunde bewahrt Édouard ihn vor dem Tod. Albert fühlt sich seinem Retter verpflichtet und erfüllt ihm seinen größten Wunsch: eine falsche Identität. Pradelle durchschaut den Betrug und deckt sie, um sein hinterhältiges Manöver zu vertuschen….“