Kompetenzorientierter Französischunterricht
und Interkulturelle Landeskunde

30. April 2007 von H. Wittmann



In seinem Beitrag für die > Klett-Akademie erklärt Prof. Dr. Alfred Holzbrecher > Französisch in der Schule als Element eines Bildungskonzepts. Der Beitrag von A. Holzbrecher, der mit Bezug auf Meueler ein Konzept von „Bildung als Subjektentwicklung“ verfolgt, will Lernen als einen aktiven Prozess der Konstruktion von Bedeutungen vermitteln.

Für ihn ist die Interkulturelle Pädagogik eine qualitätsvolle Verbindung von Bildung und Bildungsprozessen, die den Schüler aufgrund von Selbstwirksamkeitserfahrungen einen kreativen Umgang mit dem Fremden, also Themen, die zunächst eine Unsicherheit auslösen, ermöglicht. Die daraus entstehende Fähigkeit der Interkulturelle Kompetenz ist, so A. Holzbrecher, keinesfalls nur aus einer kommunikationspsychologischer Perspektive im Sinne einer bloßen Verständigung zu betrachten, denn sie soll den Schüler die grundlegende Fähigkeit vermitteln, die Fremdheiten eben nicht nur kennenzulernen, sondern sie als eine Kompetenz für sich zu erwerben, mit ihnen aktiv umgehen zu können.

Der theoretisch orientierte Ansatzes von A. Holzbrechers hat im Kern eine ganz praktische Bedeutung, die in diesen für Frankreich politisch so aufregenden Zeiten anhand der Bedeutung der Präsidentschaftswahl für deutsche Französisch-Schüler sehr gut demonstriert werden kann.

Wie können Schüler – mit dauerhaftem Erfolg – an das Fremde herangeführt werden? Er nennt diesen Ansatz den „Habitus der Annäherung an das Fremde“. Für eine erfolgreiche Annäherung in diesem Sinn ist als Hintergrund eine interkulturelle Kompetenz erforderlich, die Holzbrecher, mit drei ökosystemischen Ebenen beschreibt: Zunächst kann alles Fremde als Bedrohung der eigenen Sicherheit empfunden werden. Lernt aber Schüler seinen Interaktions- und Handlungsraum im Alltag auszunutzen, also auch in einem politischen Sinn zu begreifen, wird er sich selber als „gestaltendes Subjekt“ wahrnehmen. Als Katalysator für eine solche Entwicklung dient die Auseinandersetzung mit ungewohnten Situationen, historisch anders geprägten Erfahrungen und den unterschiedlichen Interpretationen, die sich daraus für künftige Lösungen ergeben.

Zugegeben, ich habe A: Holzbrechers Ansatz hier nur kurz resümiert, um seine Theorie hier als Anregung zu einer kleinen Reflexion über die Präsidentschaftswahl mit einigen ganz praktischen Unterrichtsthemen zu ergänzen. Jugendliche hier wie in Frankreich stehen mit ihren Schulabschlüssen heute in beiden Ländern einem ungleich schwierigerem Berufseinstieg gegenüber als noch vor ein paar Jahren. In beiden Ländern werden unterschiedliche Lösungsansätze formuliert, die zum Teil mehr auf unterschiedlichen Analysen denn Verhältnissen beruhen. Die Probleme sind ganz ähnlicher Natur, was läge denn da näher als über den Rhein zu schauen, und die Lösungsansätze miteinander zu vergleichen? Ist es Ihren Schülern aufgefallen, welch große Bedeutung das Erziehungswesen mit vielen Aspekten im aktuellen Wahlkampf hat?

In einem etwas größeren Rahmen geht es auch um die Europapolitik, die meistens den Bürgern ziemlich entrückt scheint, aber in Frankreich 2005 beim Referendum zur Verfassungsentwurf im Mittelpunkt des nationalen politischen Interesses stand. Eine Analyse europapolitischer Stellungnahmen im aktuellen Wahlkampf ist eine wunderbare Gelegenheit, Handlungsspielräume der beteiligten Staaten auszuloten, die französische Europapolitik mit der Deutschlands zu vergleichen, nach gemeinsamen Initiativen zu suchen. Nebenbei werden die Schüler die unausweichliche Entdeckung machen, dass die Dauerhaftigkeit der Zivilgesellschaft, dem manchmal kurzsichtigen Tagesgeschäft politischer Diskurse überlegen ist. Durch den Kontakt mit den > deutsch-französischen Beziehungen und ihren Möglichkeiten lernen die Schüler überdies ganz neue eigene Handlungsfelder kennen, die sie am besten mit Hilfe oder durch Inanspruchnahme der vielen Angebote des des Deutsch-französischen Jugendwerks vertiefen können.

Holzbrecher betont ausdrücklich „Fremdsprachliche Kompetenzen erscheinen damit als notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung für interkulturelles Lernen.“

Blogeinträge sollte eigentlich kürzer sein und sind kaum dafür geeignet, einen Sachverhalt erschöpfend zu behandeln. Hier geht es nur darum, die Theorie der Fachdidaktik an einem aktuellen Beispiel mit dem Kompetenzerwerb im Rahmen der interkulturellen Landeskunde zu vergleichen und mit nützlichen Fragestellungen zu füllen. Statt das Thema zu erschöpfen, fragt ein Blogbeitrag auch mal in die Runde, welche Bedeutung haben die Präsidentschaftswahlen in Ihrem Unterricht? Informieren sie nur die Schüler, oder gelingt es Ihnen gerade anhand dieses Themas auf dem Gebiet der Kompetenzentwicklung weiterzukommen?

Zur Erinnerung: > Französischunterricht: Planen und Kompetenzentwicklung

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