Die Eröffnungsrede von Professor Kolboom auf dem VDF-Bundeskongress in Bochum
4. März 2013 von H. Wittmann
Der VDF-Bundeskongress fand in der Ruhr-Universität in Bochum vom 28.2. bis 2.3.2013 statt. Professor Dr. Dr. h.c. Ingo Kolboom (Dresden) hielt den Eröffnungsvortrag mit dem Titel – gemäß des Mottos des Kongresses – ”Faire vivre le français”. Folgt man ihm, darf sich der Französischunterricht nicht allein auf Grammatik und Sprachvermittlung beschränken. Außer der Literatur gehören auch alle Themen, die zum Verständnis unseres Nachbarlandes notwendig sind, zum Französischunterricht. Prof. Kolboom gab in sechs Punkten eine Antwort auf das Motto dieses Kongresses. “Auf den Punkt gebracht, lautet meine Frage: ‘Was heißt dieses Motto für uns hier in Deutschland?’” U. a. war seine Rede ein Plädoyer dafür, die gesellschaftswissenschaftlichen Themen im Studium und folglich auch im Französischunterricht zu stärken, getreu den Anmerkungen zum Vergleich von Alfred Grosser:
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„Und wenn wir auf das Andere und den Anderen blicken und diese an uns selbst, an unsere Schüler oder Studenten vermitteln wollen, dann sollten wir immer versuchen, eine Brücke des Verstehens zu bauen. Das meine ich jetzt nicht im Sinne eines Brückenschlags über die Empathie, sondern über den Vergleich und möchte > Alfred Grosser, – den deutsch-französische Mittler par excellence – zitieren, der in seinem jüngsten Buch >Die Freude und der Tod. Eine Lebensbilanz (Rowohlt 2011) schreibt: „Für mich ist die Grundlage der Wissenschaftlichkeit der Vergleich. Nicht nur in der Wissenschaft, sondern auch im allgemeinen Denken.‘ (S. 30) ‚Das Wort ‚unvergleichbar’ ist genauso dumm wie das Wort ‚undenkbar’. Wenn man etwas als undenkbar bezeichnet, so nur, weil man es gerade gedacht hat. Unvergleichbar bedeutet einmalig schön oder einmalig furchtbar. Die Feststellung ist nur logisch möglich, wenn
man mit anderen verglichen hat.'(S.31)“
Der Frankreich-Blog war wieder unterwegs mit dem > transportablen TV-Studio. Bisher schon mehr als 8 Stunden Videos in 43 Sendungen auf diesem Blog:
P.S. Eine Rückkopplung störte die ersten sechs Minuten der Aufnahme
„Wenn also der Frankoromanistenverband in seiner Resolution an „alle entscheidenden Instanzen“ appelliert, „den deutsch-französischen Beziehungen das Gewicht zu geben, das ihnen zukommt“, dann sollten die deutschen Romanisten es ihren germanistischen Kollegen im Ausland nachmachen und neben den Literatur- und Sprachwissenschaften endlich einen in Lehre und Forschung gleichberechtigten Bereich mit gesellschaftswissenschaftlich ausgerichteten Kulturraum-Professuren zulassen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es war nicht die Politik, die das seit 1973 verhindert! Es war das Fach selbst, indem es die notwendig wissenschaftliche Beschäftigung mit einem Land als bloßes Orientierungswissen marginalisierte und zuletzt mit der Trompe-l’oeil-Formel „Französische Literatur- und Kulturwissenschaften“ einen Anspruch auf fachlich-thematische Allmacht über alles ausdehnte, was nicht Sprachwissenschaft und Fachdidaktik ist. Ist Sprache etwa keine Angelegenheit der Kultur? Ist nicht alles Kultur, wie es schon Edward B. Tylor 1871 oder später Max Weber postulierten? Warum also keine Lehrstühle auch für „Gesellschafts- und Kulturwissenschaften“ frankophoner Länder und Regionen?“