Der Bericht von Benjamin Stora: Les Questions mémorielles portant sur la colonisation et la guerre d’Algérie.

26. Januar 2021 von H. Wittmann



Das Motto, das Benjamin Stora seinem Bericht über Algerien vorangestellt hat:
« J’ai aimé avec passion cette terre où je suis né, j’y ai puisé tout ce que je suis, et je n’ai jamais séparé dans mon amitié aucun des hommes qui y vivent, de quelque race qu’ils soient. Bien que j’aie connu et partagé les misères qui ne lui manquent pas, elle est restée pour moi la terre du bonheur, de l’énergie et de la création. »
Albert Camus, « Appel pour une trêve civile en Algérie ».
22 janvier 1956

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Am 20. Januar 2021 hat der Historiker Benjamin Stora seinen Bericht > Les Questions mémorielles portant sur la colonisation et la guerre d’Algérie. Rapport. (*.pdf – 160 S.) Staatspräsident Emmanuel Macron überreicht. Erst kürzlich hat Emmanuel Macron sich zum französcih-algerischen Verhältnis geäußert: > L’article 24, les violences policières, le séparatisme, les manifs… Le Président de la République Emmanuel Macron répond au Brut: la mémoire, la guerre d’Algérie, voir  53:48, indem er mit Nachdruck die Erneuerung einer Erinerungskultur gemeinsam mit Algerien anmahnte.

Claus Leggewie
Papa, was hast du im Krieg gemacht? Der Algerienkrieg in der europäischen. Erinnerungskultur – *.Pdf
Der Algerienkrieg in der europäischen Erinnerungskultur
in: MERKUR, März 2021, 75. Jahrgang, Heft 862, pp 68-75
Von

> Remise du rapport sur la mémoire de la colonisation et de la guerre d’Algérie. Site du Palais de l’Élysée

Benjamin Stora, Professor an der Universität Paris 13 und am Institut national des langues et civilisations orientales (Inalco), ist Historiker und hat sich auf die Geschichte der Maghreb-Saaten spezialisiert. Er hat eine große Zahl an Bücher über Algerien verfasst, u. a. La gangrène et l’oubli, la mémoire de la guerre d’Algérie, Paris: La Découverte, 1991, Les guerres sans fin. Un historien, la France et l’Algérie, 2008 oder Les clés retrouvées, Paris, Stock 2015 wie auch zusammen mit Renaud de Rochebrune, La guerre d’Algérie vue par les Algériens, en deux volumes,2017.

> Benjamin Stora: Biographie et Biblographie.

Der Bericht mit dem Titel > Les Questions mémorielles portant sur la colonisation et la guerre d’Algérie. Rapport, den Benjamin Stora Staatspräsident Macron überrreicht hat, umfasst 160 Seiten mit einer Bibliographie: S: 153-157. Sehr ausführlich im Anhang: Archives relatives à l’Algérie, classements, numérisations et mises en ligne. Bilan et perspectives 2017-2024: S. 132-143.

Gemäß des Titels geht es um die Aktivitäten und Formen  Erinnerungskultur bezüglich der Kolonalisierung und des Kriegs in Algerien, der 1954 begann und mit der Unabhängigkeit Algeriens 1962 endete. Auf Seite 2 seines Berichts zitiert Stora aus dem Brief von Präsident Macron, in dem er Stora um Bericht bittet: „Je souhaite m’inscrire dans une volonté nouvelle de réconciliation des peuples français et algériens. …“ „Ich möchte einen neune Anlauf nehmen, und den Wunsch nach Versöhnung zwischen dem französischen und dem algerischen Volk umsetzen. Das Thema der Kolonisierung und des Algerienkrieges hat zu lange den Aufbau einer Schicksalsgemeinschaft zwischen unseren beiden Ländern im Mittelmeerraum behindert. Diejenigen, die die Zukunft Algeriens und Frankreichs verantwortlich sind, kommt keine keine Schuld für die vergangenen Konfrontationen zu. Es ist die Pflicht unserer Generation, dafür zu sorgen, dass sie nicht das Stigma davon trägt, um ihre eigene Geschichte zu schreiben. Diese Arbeit des Erinnerns, der Wahrheit und der Versöhnung, für uns selbst und für unsere Beziehungen zu Algerien, ist nicht beendet und wird fortgesetzt. Wir wissen, dass es Zeit benötigt und dass es mit Mut, im Geiste der Harmonie, der Besänftigung und des Respekts für alle Gewissen durchgeführt werden muss. Daher hoffe ich, im Bewusstsein und mit Respekt vor Ihren Verpflichtungen, auf Ihre Erfahrung und Ihre intime und tiefgehende Kenntnis dieser Themen zählen zu können, um unsere Überlegungen zu nähren und unsere Entscheidungen zu erhellen, indem ich Sie mit einem Auftrag zur Reflexion betraue.“ (Übers. v. d. Red.)

Im ersten Teil seines Berichts behandelt Stora die Geschichte und die Erinnerungskultur unter dem Titel : „L’Hisoire et l’impossible oubli“. Im zweiten Teil konzentriert er sich auf „Les rapports entre la France et l’Algérie“. Der dritte Teil behandelt die Herausforderungen, die sich an die Erinnerungskultur richten: „Les défis à relever“. Die Zusammenfassung trägt die Überschrift „Vers un traité Mémoires et Vérité“ geffolgt von den Handlungsempfehlungen („Préconisation“), S: 95-100, die wir hier kurz zusammenfassen:

„Die schwierige Aufgabe, die Erinnerung zwischen Frankreich und Algerien zu versöhnen, kann nicht darin bestehen, ein „Gedenkgesetz“ zu entwerfen, um eine unumstößliche Geschichte zu konstruieren, die jede kritische Ausübung der Geschichte behindern würde. Es geht auch nicht darum, die Illusion zu erwecken, eine gemeinsame Geschichte zu schreiben, indem man die tiefen Divergenzen in der Konstruktion der nationalen Imaginationen  verschweigt und die tragischen Berichte einer dennoch gemeinsamen Kolonialgeschichte vergisst.

Bescheidener ausgedrückt, geht es darum, die Möglichkeit zu eröffnen, bei diesen sensiblen Themen Brücken zu bauen, die es uns aber erlauben, voranzukommen, gemeinsam Schritte zu gehen. Die Frage der Archive, das Problem der Verschwundenen, die Formen der Charakterisierung der kolonialen Tatsache und die Bedeutung der Bilder: In dieser Untersuchung habe ich vier Themen gewählt, die mir heikel erscheinen und die es uns erlauben zu sagen, dass wir uns gemeinsam dieser schwierigen Vergangenheit stellen können.“ S. 61 (Übers. v. d. R.)

Stora schlägt die Einrichtung einer Kommission „Mémoires et vérité“ vor, die die Fragen der Erinnerungskultur zwischen Frankreich und Algerien untersuchen soll, wobei er zunächst eineige Daten nennt, die verstärkt in den Blick gertane sollen: 19. März 1962 mit dem Abkommen von Evian, das zur Beendigung des Algerienkrieges führte oder andere Erinnerungen wie die Teilnahme der Europäer Algeriens am Zweiten Weltkrieg oder der 17.Oktober 1961 mit der gewaltsamen Niederschlagung des Demonstration algerische Arbeiter in Paris, bei dem so Martina Zimmermann am 25.1.2021 gemäß Historikern im DLF mehrere Hundert Tote zu beklagen waren. Die Kommission solle Zeitzeugen befragen. Nach der Erklärung zu zum Tod von Maurice Audin, sollte Frankreich den Mord an Ali Boumendjel 1957 anerkennen. Eine große Bedeutung misst Stora der Aufklärung persönlicher Schicksale auf beiden Seiten mittels der Intensivierung der Archivarbeit zu.

Außerdem soll der französisch-algerischen Geschichte mehr Platz im Schulunterrichte eingeräumt werden. Stora regt die Einrichtung eines Office Franco-Algérien de la Jeunesse an. Das 2014 eingestellte Projekt Musée de l’histoire de la France et de l’Algérie solle wieder aktiviert werden.

2021 sollte eine Internationales Kolloquium stattfinden, dass sich mit der Verweigerung besonderer Persönlichkeiten gegenüber dem Algerienkrieg wie François Mauriac, Raymond Aron, Jean-Paul Sartre, André Mandouze, Paul Ricoeur beschäftigt. Im Musée national de l’histoire del’immigration, sollte eine Ausstellung oder ein Kolloquium über die Unabhängigkeitsbewegungen in Afrika stattfinden. Die sterblichen Überreste vn Gisèle Halimi, (1927-1920) sollten in das Panthéon überführt werden.

Im Anhang seines Berichts erinnert Benjamin Stora an die Reden der Staatspräsidenten über Algerien:

Discours de M. Jacques CHIRAC, Président de la République, à l’occasion de l’inauguration du Mémorial national de la guerre d’Algérie des combats du Maroc et de la Tunisie. – Paris, le jeudi 5 décembre 2002 -S. 106-108.

Discours de Nicolas Sarkozy prononcé à Constantine devant des étudiants algériens Mercredi 5 décembre 2007, S. 108-117.

Discours du Président de la République, François Hollande au Mémorial de la guerre d’Algérie. – 19 mars 2016, S. 118-124.

Emmanuel Macron, Déclaration du Président de la République française, Emmanuel Macron, à propos de Maurice Audin. 13 septembre 2018, S. 124-127.

Benjamin Stora auf hat sich im Radiosender France-Culture wiederholt zu algerischen Geschichte geäußert:

La Grande table (2ème partie) : Épisode : Algérie, nos mémoires, avec Benjamin Stora – France-Culture – 11.12.2017 :

La Grande table (2ème partie) : Épisode 4 : Camus, par Benjamin Stora – France-Culture – 17.12.2012 :


Gerade erschienen:

H. Wittmann, „…die Ausübung und das Erleiden des Terrors verweigern“ (Camus). Die Intellektuellen und der Widerstand im Algerienkrieg, in: Heidi Beutin, Wolfgang Beutin, Heinrich Bleicher-Nagelsmann, Michael Walter, Claudia Wörmann-Adam (Hg.), > „Widerstand ist nichts als Hoffnung“. Widerständigkeit für Freiheit, Menschenrechte, Humanität und Frieden, talheimer sammlung kritisches wissen Band 90 herausgegeben von Welf Schröter und Irene Scherer, Mössingen-Talheim 2021, Seite 275-296.

Dank an Azelarabe Lahkim Bennani (Professor für Philosophie an der Universität Fès, Marokko) für > seinen Kommentar auf Facebook zu diesem Aufsatz.

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