Was wollen die Gilets jaunes?
4. Dezember 2018 von H. Wittmann
„Die Gilets jaunes haben heute (3.11.2018) ein Gespräch mit dem Premierminister (erstmal) abgelehnt, weil sie dem Vernehmen nach aus den eignen Reihen, so war auch der Wortlaut heute in den Tagesthemen der ARD von Hardlinern aus den eigenen Reihen bedroht worden sind.
Unsere Lektüreempfehlung: > www.tandem-europe.eu: „Wir sind ein Netzwerk engagierter Europäer, die sich an der Diskussion über die deutsch-französische Partnerschaft und die Zukunft der EU beteiligen möchten.“ Zum Download: > Isabelle Bourgeois,> „Gilets jaunes“ : Aufstand für mehr demokratische Teilhabe, 2. Dezember 2018 – pdf Mit freundlicher Genehmigung von Isabelle Bourgeois. In mehrern Kapiteln „In Staudemm bricht“, Stadt-Land Gefälle, Eine „Zweiklassen“-Gesellschaft, La France périphérique ist aufs Auto (Diesel) angewiesen, „En région“ versus Paris, Basisdemokratie im digitalen Zeitalter analysiert Isabelle Bourgeois das Entstehen, die Absichten und die Zeile der Gilets jaunes. |
Die Bewegung der Gilets jaunes ist im Internet entstanden und hat, so darf man hinzufügen, sich dort auch einander aufgewiegelt, man kann schon sagen in ihren Forderungen radikalisiert. In Wikipédia steht bereits ein Artikel über die > Gilets jaunes, wo die Gemeinde der Online-Enzyklopädie bereits ihr ganzes Arsenal auffahren muss, um gemäß den Zielen dieser Organisation, die Versuche, objektiv zu bleiben, zu wahren. Trotzdem wird hier die Grundidee von Wikipédia einer Prüfung unterzogen. Eigentlich ist es ja Sache der Presse, über aktuelle Ereignisse zu berichten, sie zu kommentieren und einzuordnen. Es stellt sich die Frage, ob die Prinzipien einer Online-Enzyklopädie in der Lage ist, ein Dossier bereitzustellen, das, wie gesagt, eine Aufgabe der Presse ist. Wie auch immer, Wikipédia wird genutzt, um den > Forderungen (aufgerufen am 3.11.2018) der Gilets jaunes eine Tribüne zu bieten. Es folgt sogleich ein Absatz, der die Antworten der des Präsidenten und der Regierung auf die Forderungen darstellen will – dabei wird Macrons Hinweis auf die den 70 % Anteil der der Entwicklung der Rohstoffpreise am Spritpreis (Stand 3.11.2018) nicht genannt: vgl. auch unserem Blog > Der Aufstand der Gelben Westen und die Energiewende in Frankreich – 28. November 2018, den LE MONDE nach einem Faktencheck als richtig bewertete.
Es sieht erst einmal nach einer Fundamentalopposition der Gilets jaunes aus, wobei es der Bewegung zur Zeit nicht gelingt, sich von „Casseurs“ der letzten Samstage eindeutig zu distanzieren: > Bernard-Henry Lévy hat in einem Tweet die Bewegung aufgefordert sich zu bekennen : „Il faut que ces choses soient dites. Il faut que cesse cette génuflexion dévote, sans critique ni recul, devant les #GiletsJaunes. Et il faut qu’eux, les Gilets Jaunes, disent, vite, s’ils sont ou non républicains.“
Die Furcht vor dem sozialen Abstieg und der Verlust von Kaufkraft stammen nicht erst aus den letzten zwei Jahren. DIe angekündigte Erhöhung der Spritpreise im Zusammenhang mit der Energiewende war nur ein unmittelbare Auslöser, an dem sich die Artikulation der Enttäuschung entfachte, die sich dann mit einer gewisse Ungeduld beim Warten auf die Ergebnisse der angekündigten Reformen und mit der Kritik an Staatspräsident Macron, den seinen Gegner nur zu gerne als „Präsident der Reichen“ apostrophiert haben, dem zudem Äußerungen zu Last werden, die diesen Eindruck unterstreichen sollen, verband. Eine Bewertung der Protestwelle der Giltes jaunes ist nicht leicht, denn Präsident Macron kann kaum für alle Missstände, die die Gilets jaunes aufzeigen, verantwortlich gemacht werden. Er selber hat Reformen schon im Wahlkampf zum Hauptthema seines Quinquennat gemacht. Der Code de travail wurde reformiert, die Grundschulklassen wurden halbiert, eine Übereinkunft im Streit um die SNCF wurde erzielt… aber es gelingt der Regierung nicht, die Tragweite der Reformen so zu vermitteln, dass sie in möglichst vielen Teilen der Bevölkerung akzeptiert werden. Ist das das eigentliche Problem? Der Politikstil der V. Republik?
Es gibt auch noch ein anderes Problem, das auch grundsätzlicher Natur ist. Die Wahl von Emmanuel Macron zum Präsidenten hat das politische Frankreich und sein Parteiensystem grundlegend erschüttert. Die Parti socialiste musste ihren Stammsitz in der Rue Solférino verkaufen.. von der PCF hört man eigentlich nichts, von Seiten der Partei Les républicains LR hört man eine Unterstützung der Gilets jaunes: Laurence Sailliet, Porte-parole Les Républicains-Membre du Bureau Politique, wird von der LR auf Twitter zitiert: „.@lsailliet : « Pour sortir de la spirale de la violence, Emmanuel Macron a les clés en main. Il doit sortir du déni et prendre la décision d’annuler les hausses de taxes. Sans cela, il sera impossible d’échanger avec les #GiletsJaunes. Nul ne peut ignorer cette souffrance,» und der Präsident der LR Laurent Wauquiez forderte heute auf Twitter ein Referendum. Und das Rassemblement national (vorher Front national) und La France insoumise de Jean-Luc Melanchon verlangen die Auslösung der Nationalversammlung. In dieser Situation bekommt man den Eindruck, dass es keiner Partei im Augenblick so richtig gelingt, dem Unmut der Demonstranten einen Resonanzboden zu bieten.
In diesem Zusammenhang muss nach der Größe der Bewegung der Gilets jaunes und dem Grad der Zustimmung bei den Wählern gefragt werden: LE MONDE hat recherchiert > Oui, les « gilets jaunes » sont bien majoritairement « soutenus » dans les sondages – Une troisième enquête d’opinion, vom 28. November von Elabe für BFM-TV, wobei 1000 Personen befragt wurden: « Wie stehen sie zu dieser Bewegung? » 46 % sagten, sie unterstützen die Gilets jaunes, 26 % finden sie sympathisch, 17 % lehnen sie ab und 8 % haben keine Meinung. Die Autoren dieses Artikels weisen auf den Unterschied zwischen Unterstützung und Sympathie hin, merken ab er doch an, dass eine Mehrheit für die Unterstützung erkennbar ist.
Auf unserem Blog:
> Die Gilets jaunes und das Chaos rund um den Triumphbogen – 3. Dezember 2018
> Der Aufstand der Gelben Westen und die Energiewende in Frankreich – 28. November 2018