Existentialismus

29. Januar 2017 von H. Wittmann



Unsere neue Lektüre: Sarah Bakewell, > Das Café der Existenzialisten. Freiheit, Sein und Aprikosencocktails mit Jean-Paul Sartre, Simone de Beauvoir, Albert Camus, Martin Heidegger, Edmund Husserl, Karl Jaspers, Maurice Merleau-Ponty und anderen, schon in der 5. Auflage 2017, aus dem Englischen von Rita Seuß, 448 S. mit 26 Abbildungen im Verlag C.H. Beck.

Warum war der Aprikosencocktail in einer Bar in Paris Anfang der Dreißiger Jahre so wichtig für Jean-Paul Sartre? Damals saß er dort zusammen mit Simone de Beauvoir und Raymond Aron an einem kleinen Tisch in der Bar Bec-de-Gaz und hörte Aron zu sich sagen: „Siehst du, mon petit camarade, wenn du Phänomenologe bist, kannst du über diesen Cocktail sprechen, und das ist dann Philosophie!“ Selten kann man den Neubeginn einer bestimmten Philosophierichtung an einem Moment so dingfest machen wie hier. Lesen Sie die ersten 50 Seiten von Bakewells Kollektivbiographie über Jean-Paul Sartre, Beauvoir, > Martin Heidegger, Edmund Husserl, Maurice Merleau-Ponty, Simone de Beauvoir, Albert Camus, Iris Murdoch und sie werden in ihren Werken die eigentlichen Fragen

unserer Zeit und Antworten wiederfinden: „Was sind wir?“ und „Was sollen wir tun?“. Sie werden ihre Termine absagen und das Buch sofort zu Ende lesen. Wie die Leser der vier Auflagen seit Juni 2016 vor ihnen.

Alle werden uns entgegenhalten, Sartre werde heute kaum noch in der Universität gelehrt, und ebensowenig in der Schule gelesen. Bakewell weiß das, sie weiß aber auch, dass heute die Freiheit mehr als je bedroht ist. Die sozialen Netzwerke scheinen vom Anbändeln und Kontakfreudigkeit in die totale Kontrolle zu kippen. Mit der grenzenlosen Freiheit (vgl. Bakewell S. 44) im Internet scheint es passé zu sein, denn die Vorgaben der sozialen Netzwerke schränken uns mehr ein, als es uns lieb ist. Sie definieren unsere Bewegungsräume, schlagen uns Kontakte vor, die wir im realen Leben nie treffen würden, sie passen auf, ob wir Kontaktanfragen auch beantwortet haben und zählen unsere Bekanntschaften mit dem Hintergedanken, darüber anderen unsere Wichtigkeit zu demonstrieren: dazu: > Stadtplanung und soziale Netzwerke im Web 2.0 (I-IV).

Die Initiatoren der sozialen Netzwerke bereichern sich auf unsere Kosten, unsere Freiheit bleibt dabei auf der Strecke. Je mehr Kontakte, um so mehr zielgerechte Werbung bekommen wird, umso mehr klingelt der Groschen im Kasten der Eigentümer der sozialen Netzwerke. Sie gaukeln uns grenzenlose Freiheit vor, klauen aber unsere Zeit, ganz zu schweigen von dem Ansinnnen, hochgeladene Bilder als ihr Eigentum anzusehen. Manche Netzwerke geraten unter die Räder, weil sie sich rechten und populistischen Machenschaften öffnen, und versuchen ihre Mitglieder mitzunehmen. Außerdem haben in den letzten Jahren die Konflikte zwischen „Ethnien, Religionen und Ideologien“ erheblich zugenommen. (vgl. Bakewell S. 44) Es gibt noch eine weitere Dimension, mit der die neue Medien an unserem Eigentum nagen. Die schnelle Kopierbarkeit im Internet verleitet manche dazu, die Grundidee des Urheberrechts geflissentlich zu übersehen : > Muss man das Urheberrecht beschränken? (Blog Klett-Cotta).

Es wohl an der Zeit, sich wieder auf die Grundlagen der Freiheit zu besinnen. Abschottung, Isolierung und Ausgrenzung sind die falschen Wege und Bekannte, die uns mit ihrer Zuneigung zur AfD überraschen, benötigen eine gehörige Lektion über das, was Freiheit bedeutet. Sicher, die grenzenlose Freiheit im Sinne Sartres kann auch Angst machen, er wusste es nur zu gut und hat darüber lange in L’Être et le néant (1943) gesprochen. Lesen sie das vorzügliche Nachwort von Traugott König in der deutschen Ausgabe : Das Sein und das Nichts. Versuch einer phänomenologischen Ontologie. Neuübersetzung von T. König, Hamburg: Rowohlt 1991. Auch weil es notwendig ist, sich wieder einmal der Grundlagen der menschlichen Freiheit zu vergewissern, wird die Freiheitsphilosophie von Jean-Paul Sartre wieder aktuell werden: > www.sartre-gesellschaft.de und > www.ges-sartre.fr.

Sarah Bakewell, bringt ihr Anliegen, uns an die heutige Aktualität von Sartres Freiheitsbegriff zu erinnern, präzise auf den Punkt: „Sartres große Frage Mitte der vierziger Jahre lautete: Wenn wir davon ausgehen, dass wir frei sind, wie können wir unsere Freiheit in einer so herausfordernden Zeit konstruktiv ausüben?“ Bakewell, S. 24

> Sarah Bakewell – persönliche Website

> Michel Sicard parle de Jean-Paul Sartre – 29. Juni 2011
> Michel Sicard parle de Jean-Paul Sartre (I/II) – 11. März 2015

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